Messe boot in Düsseldorf … muss man da eigentlich hin, wenn man weder blaue Blazer trägt, noch goldene Knöpfe oder überschüssiges Kapital versenken will? Als kleine Delegation haben wir uns angewöhnt, unsere Fahrt nach Düsseldorf ein wenig vorzubereiten: gezielt Leute treffen, konkrete Lösungen für ein, zwei Fragen suchen. Dieses Jahr hieß dies: mal einen kurzen Blick auf die aktuellen Tablet- und Smartphone-Navigationsprogramme werfen.
Bei meiner Ankunft hatte ich aber gleich Probleme, überhaupt Armin zu finden. Aufgestöbert habe ich ihn dann in einer Bente24, wo er sich bereits häuslich eingerichtet hatte und mit Alexander Vrolijk Bootsdetails diskutierte. Der Messestand dieses Jahr nicht ganz so der Hingucker wie letztes Jahr, dafür ist das Boot fertig und zwischen der streckenweisen Boots-Langeweile in den Hallen nach wie vor ein absolutes Highlight. Würden wir nicht so weit von einem passenden Revier entfernt wohnen … dann würde da jetzt sicher schon eine weitere potentielle Bente24 Eignergemeinschaft den Taschenrechner zücken und grübeln. Zumindest wissen wir: an der Schlei wird man das Schiff bei Renz auch chartern können. A propos Taschenrechner: eine weitere Version des Bente-Konzepts war ebenfalls 1:1 (als Prototyp) zu sehen, wenn auch etwas versteckt hinter einer Bretterwand mit „Gucklöchern“ – lauft nicht dran vorbei.
Sailing Conductors – segelnde Musiker, rockende Segler
Nicht damit gerechnet hatten wir, dann gleich noch die Sailing Conductors zu treffen – damit wären wir dann auch bei meinen Favoriten für den „besten Messestand“, und das nicht nur, weil die Langeweile in manchem Bootsbau nur noch von den maximal lieblosen Messepräsentationen überboten wird:
Benjamin Schascheck und Hannes Koch wollten nach absolvierter SAE-Tontechnik-Ausbildung in Australien nach Berlin zurück. Aber sie verpassten den Absprung, und kauften als Schnapsidee (und ohne jede Ahnung) ein Boot, um zurück zu segeln. Mit Sponsorings war nicht viel zu erreichen, es bleib bei einem Set Sennheiser-Kopfhörer – immerhin ein Start. Aus den geplanten Monaten wurde eine 4 1/2 Jahre dauernde Reise auf dem kleinen Segelboot, während derer sie mehr als 200 Musiker in 30 Ländern aufnahmen: Musiker für Musiker fügte Songteile, Texte und Instrumente hinzu, aufgenommen in den teilweise abgelegensten oder verrücktesten Locations. Derzeit sind die Musiker/Tontechniker/Segler, die das Material jetzt mischen und veröffentlichen, samt ihres abgerockten Schiffs und einiger Live-Songs auf der boot in Halle 16 zu treffen – lasst Euch die kurzen Programmblöcke mit ein paar Songs, Geschichten und Videoeindrücken nicht entgehen, oder klettert gleich einmal hoch ins Schiff.
Smartphone-Navi – rockt noch nicht so richtig
Jetzt aber doch noch Smartphones: Drei Programme wollten wir uns ansehen, ob sie neben einfachem Standard-GPS und gewohnter Papierkarte einen Mehrwert bieten können. Mit Navionics haben wir einige Erfahrungen. Vom NV-Verlag kannten wir nur eine (nicht so tolle) Uralt-Version, von Delius-Klasing sollte es den DK Navigator auch als Beta für Smartphones geben. Erwartet (und vorweggenommen: nicht gefunden) hätte ich ein wirklich ergänzendes, alternatives Konzept: Mit der Papierkarte gibt es perfekte Übersicht, keinen Technikstress und verzögerungsfreien Zugriff. Eine Hardware wie nen SpeedPuck klemmt man an den Mast und bekommt ebenso schnell ganz andere Informationen. Da bietet sich doch an, dass das Smartphone ebenfalls individuelle Infos liefert, was weiß ich: Leuchtfeuerkennungen um mich herum je nach Geräteausrichtung, wie sehen die Landmarken vor mir aus usw. Da nur die große Karte 1:1 reinzuquetschen zu versuchen … na ja.
Der Vergleich erwies sich dann schwieriger als gedacht: Es unterscheiden sich Bedienung, Preiskonzepte und Software-Modelle. Der DK Navigator ruckelte und sprang auf einem Messestand-Tablet bereits derart, dass er kaum bedienbar war (auf einem zweiten Tablet lief er runder). Die Smartphone-Version schien in erster Linie die Tablet-Version zu kopieren, hier hätten wir gedacht, dass das Konzept vielleicht deutlicher das kleine Geräteformat berücksichtigt. Dafür ist es preislich interessant, entweder jährlich rund 14 Euro für den uns interessierenden Ostsee-Satz oder etwas mehr einmalig für die elektronische Karte. Sehr spannend, was noch alles an Funktionen und Daten integriert werden soll – aber das bleibt halt abzuwarten. Immerhin engagiert! Die App vom NV-Verlag hat irgendwie eine komische Oberfläche, scheint aber von den verfügbaren Ostseedaten sehr gut ausgestattet, z.B. incl. Hafen-/Ansteuerungsinfos. Wenn man da jetzt multimediale Highlights erwartet, wird man auch enttäuscht (die hilfreichen Horizontskizzen zur Ansteuerung z.B. ließen sich bestimmt auch anders integrieren, statt nur starre, nicht skalierende Screenshots zu kopieren). Andererseits ist der Softwareentwicklungsaufwand insgesamt – insbesondere für Android – bei überschaubarem Markt natürlich irre groß, „eigentlich“ sind die Herausgeber vermutlich bereits ausreichend mit dem Aktualisieren der enthaltenen Inhalte beschäftigt. Für uns schwierig das Preismodell: die elektronischen Ausgaben gibt’s bei NV nur zusammen mit den (schön kompletten) Printausgaben. Wenn man da aber schon Material hat, will man nicht nochmal rund 80 Euro nur für die App-Ausgabe investieren und hat den Papierkram mehrfach. Das internationale Team von Navionics schließlich war mit dem Thema „Segeln in Ostsee und Schlei“ (natürlich Hausrevier vom NV-Verlag) etwas überfordert, aber man merkt, dass die Software schon eine Weile auf dem Markt ist. Hier muss man für iOS aber kurioserweise zwei Apps kaufen, wenn man Smartphone und Tablet nutzen will.
Ein ganz großer Vorteil von Navionics betrifft aber die Lizenzmodalitäten: Eine geladene Karte kann eine Woche testweise ausprobiert werden. Unverständlich, warum so etwas nicht einfacher mit einem Demo-Kartenausschnitt bei den anderen Apps geht: dort pfriemelt man versuchsweise in den Apps mit Übersichtskarten rum, ohne die Apps wirklich vernünftig ausprobieren zu können. Bei NV bekommt man auf Nachfrage (!) einen Code, eine Regattakarte laden zu können. Dass man die App jetzt richtig aktiv unter die Leute bekommen will, hat man nicht den Eindruck.
Bleibt also etwas Ratlosigkeit: DK Navigator steckt noch in den Kinderschuhen, kann man aber auch losgelöst vom Print-Paket mal ohne viel Aufwand nutzen oder ausprobieren. Die NV Charts App ist umfangreicher, aber eher hölzern – und die elektronischen Karten bekommt man nur, wenn man zuvor den ganzen fetten Kartensatz erworben hat.