Ostsee-Törn – 2020 doppelt schön!

Schweinswale in der Flensburger Förde

Die Sonne so gerade noch am Horizont, segeln wir auf der Flensburger Innen-Förde, die Seekarte benennt die Schatten überm Wasser vor uns: die zwei kleinen, dänischen Ochseninseln. Auf einmal um uns herum aber ein Schnaufen und ungewohntes Plätschern: Gleich vier Schweinswale schwimmen zwischen den Inseln und unserem Boot hin und her, umkreisen uns über zehn Minuten. Was für ein schöner Ausklang unseres Törns!

Unser Boot ist futsch

Dabei stand der Törn selber lange unter gar keinem guten Stern. Erst die lange Unsicherheit,  ob wir überhaupt zu Sechst zusammen in der Pandemiezeit würden segeln gehen können. Eine Yacht dafür hatten wir schon im Januar ab Großenbrode chartert. Anfang September dann endlich etwas Entspannung und viel Vorfreude dann auf den Törn. Aber dann fünf Tage vor dem Start die nächste Hiobsbotschaft: „Unsere“ Yacht wurde vom letzten Charterer so stark beschädigt, dass die Yacht nicht so schnell würde repariert werden können, um in der geplanten Woche zu starten. Unser Vercharterer versprach, sich um Ersatz zu kümmern. Aber würde das so kurzfristig Erfolg haben? Tatsächlich: Schon drei Stunden später wurde uns eine Yacht ab Flensburg angeboten, und wir griffen sofort zu.
Also ging es am Samstag mit dem Auto noch ein Stück weiter nördlich nach Flensburg anstatt Richtung des kurz vor Fehmarn gelegenen Großenbrode. Nach der abendlichen Übernahme des Schiffes nutzten wir gleich die Gelegenheit für einen Ausflug in die schöne Altstadt von Flensburg. Am nächsten Morgen erwartete uns ein bedeckter Sonntagshimmel bei vier, später fünf Bft aus Südwest. Nach einem schönen Frühstück also direkt die Segel klargemacht und noch unter Motor aus dem Niro-Petersen-Hafen hinaus. Da dieser Hafen rundum überall von Industrieanlagen umgeben ist, hat man überall mehr als ausreichende Wasserttiefe. Also gehen wir direkt nach der Hafenausfahrt in den Wind und setzen das Groß. Dann abfallen, Motor aus, Vorsegel ausrollen – und es ist Ruhe an Bord. Jetzt kann der Urlaub beginnen. Wir segeln die ganze Förde in Richtung Ostsee entlang und genießen die wundervolle Landschaft aus kurzer Entfernung. Aber wo soll es hingehen? Erst einmal nach dem Verlassen der Förde am Leuchtturm Kalkgrund vorbei und dann nach Süden in Richtung Schleimünde, das wir gegen 14 Uhr erreichen. Hier auf Höhe Schleimünde erwarteten uns 5 Bft auf Südwest und damit die Frage: Was machen wir? Schnell wurde der Entschluss gefasst: es soll nach Orth auf Fehmarn gehen. Die nächsten drei Stunden ging es noch mit flotter Fahrt weiter, dann lies der Wind doch allmählich nach, sodass wir schließlich gegen 20:30 Uhr Orth an der Südwestspitze Fehmarns erreichten und dort legten. Was für ein guter, erster Tag!
Die kommenden Tage sollte der Wind nicht so gut wehen, aber schon am nächsten Morgen begrüßte uns ein blauen Himmel, und so sollte es auch die nächsten Tage weitergehen. Die Überfahrt Richtung Nordosten ins dänische Gedser über den „Femern Bælt“ wurde für uns eine entspannte Fahrt. Erst unter der Fehmarn-Sund Brücke hindurch und dann an der Südküste von Fehmarn entlang.

Mayday Relay

Andere Wassersportler hatten leider nicht so ein schönen Tag. Als wir gerade die Fehmarn-Sund-Brücke passierten, hörten wir aus dem Funkgerät einen Mayday Relay – Mayday Relay – Mayday Relay der Seenotfunkzentrale in Bremen. Ein Sportschiff bei Damp habe einen starken Wassereinbruch – welches Schiff sei in der Nähe, um Hilfe zu leisten? Wir waren von dieser Region unseres gestrigen Tags natürlich heute viel zu weit weg. Aber zwei Segelschiffe und das Polizeiboot Staberhuk meldeten sich, aber auch sie bräuchten noch mehr als 30 Minuten bis zur Unglücksstelle. Dann meldete sich die Fregatte Baden-Württemberg, sie würde auf die gemeldete Position jetzt mit Höchstgeschwindigkeit (laut Wikipedia bringt sie ihre über 7000 Tonnen auf bis zu 28 Knoten) zulaufen. Gleichzeit lief das Seenotrettungsboot aus Damp aus. Keine zwölf Minuten später meldete die Fregatte, dass sie die Position erreicht habe und ein Beiboot mit einer Pumpe und Sanitätern aussetzt. Nachdem auch das Seenotrettungsboot die Unglückstelle erreicht und das beschädigte Schiff in Schlepp genommen hatte, meldet sich die Fregatte über Funk ab, dass sie jetzt wieder ihren Aufgaben nachgehe. Später wurde noch über Funk von der Seenotleitung mitgeteilt, dass die beiden Person an Bord des Schiffes unverletzt seien und das Schiff jetzt nach Damp geschleppt werde. So etwas will man selber nicht erleben.

Kurs Dänemark

Nach der Umrundung von Fehmarns Süden legten wir direkt Kurs Nord Richtung Gedser. Da der Wind gegen Nachmittag nachließ, konnte wir unser Essen nicht nur während der Überfahrt vorbereiten, sondern auch genießen. Schön an danach erreichten Gedser ist, dass der Yachthafen nicht im Fährhafen für die in dieser Region allgegenwärtigen Fähren liegt, sondern seitlich davon und auch über ein eigenes Fahrwasser verfügt.

Sternklare Nacht mit Meeresleuchten

Dienstag ging es von Gedser weiter wieder an die deutsche Ostseeküste nach Kühlungsborn – bei wenig Wind, aber guter Stimmung an Bord. Erst der Mittwoch sollte dann einen langen Weg fast ganz zurück gegen den Wind werden, als wir am Morgen um 8:30 Uhr starteten. Erst einmal ging es hoch am Wind Richtung Fehmarnbelt bei blauem Himmel. Der Wind kam nur auf zwei bis drei Bft, sodass wir nicht besonders schnell vorwärts kamen.  Erst ab 14 Uhr nahm der Wind langsam zu, und wir fingen an, im Fehmarnbelt bei weiter guter Stimmung an Bord aufzukreuzen. Erst mit Beginn der Dämmerung lag Fehmarn hinter uns. Leider drehte jetzt der Wind langsam immer weiter Richtung Nord, aber er nahm auch ständig zu. Es wurde jetzt noch einmal kurz überlegt, ob wir Kurs Schleimünde laufen oder doch weiter Bagenkop an der sanft hügeligen Südspitze Langelands als Ziel nehmen. Es wurde sich für Bagenkop entschieden, damit aber auch für einige weitere Stunden Kreuzen bei mittlerweile 5 Bft. Aber die Anstrengungen wurden uns durch einen sternklaren Himmel und Meeresleuchten im Heckwasser versüßt. Erst in den Morgenstunden erreichten wir Bagenkop und machten unsere Leinen um 3:45 Uhr fest. Aber damit waren wir nicht einmal die letzten Yacht, die hier in dieser Nacht ankommen sollte: Die Stunden zuvor hatten wir bereits eine andere Yacht hinter uns beobachtet, die mit uns aufkreuzte und dann 25 Minuten nach uns einlief.

Dänische Südsee

Vereinbart hatten wir nach der anstrengenden Nacht ein Frühstück erst um 11 Uhr. Aber schon eine halbe Stunde vorher waren alle wach und an Deck, bei blauem Himmel wurde gemütlich und ausgiebig draußen gefrühstückt. Für heute hatten wir nur einen Katzensprung geplant, unser Ziel sollte Sønderborg sein. Es ging bei leichtem Wind an der schönen Küste Ærøs entlang. In den Abendstunden erreichten wir zum Sonnenuntergang Sønderborg. Wir entschieden uns für die Liegeplätze vor dem Schloss und dem markanten Stadtpanorama mit Blick auf die Brücke „Kong Christian den X’s Bro“, durch die letztes Jahr unser Folkeboot-Törn in den Als-Sund hinein startete.
Der nächste Morgen grüßte uns wieder mit einen blauen Himmel … aber da fehlte doch etwas? Es war einfach völlig windstill. Das hatten wir schon am Vortag etwas geahnt und uns überlegt, dann erst einmal Sønderborg zu erkunden. Ein Start am Nachmittag reichte nun völlig aus, um unsere letzte Etappe nach Flensburg zu segeln und dort im Dunkeln an unserem Reiseende anzukommen. Und wer weiß: wären wir sonst im richtigen Augenblick bei den Ochseninseln eingetroffen, um die Scheinswale zu sehen?

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